Die Ohnmacht der OPEC
Die OPEC ist nicht mehr das Kartell, das die Energie-abhängige Wirtschaft fürchten müsste. Dieser Erkenntnis muss sich der 1960 gegründete Interessenverbund nach seinen Sitzungen Ende September in Algier und Ende Oktober in Wien beugen – und er muss um seine Existenz fürchten. Auf lange Sicht betrachtet, dreht sich die Welt auch ohne OPEC. Wenngleich nicht ohne Öl. Hier in zwei Kapiteln die Fakten.
Kapitel 1: Die OPEC steckt in einem Dilemma. Ein Großteil ihrer Mitglieder muss gewissermaßen um jeden Preis Öl fördern, um aktuell überleben zu können. Sie haben sich von der in Algier beschlossenen Förderkürzung auf täglich 32,5 Millionen Barrel selbst befreit oder befreien lassen.
Indonesien legte ad hoc seine Mitgliedschaft im Kartell auf Eis. Der Iran, Erzfeind der Saudis, bestand mit Erfolg auf seiner Förderquote. Der Irak dito wegen seiner enormen Kriegskosten. Nigeria und Libyen, permanent in Unruhe, bekamen ein „Freilos“. So müssen sich die 9 übrigen von ursprünglich 14 OPEC-Staaten die Sparquote irgendwie teilen – eine Quote von insgesamt ca.3 % der bisherigen Gesamtförderung.
Kapitel 2: Der energetische Trend läuft global und langfristig gegen das Öl (und die anderen fossilen Energieträger). Er erinnert gleichzeitig an den Aphorismus "Die Steinzeit ist nicht zu Ende gegangen, weil es keine Steine mehr gab".
Der kabarettistische Satz gilt auch für das Ölzeitalter. Die Welt wird so lange über Öl verfügen können, wie sie es braucht. Noch viele Jahrzehnte. Niemand, der diese Zeilen liest, wird das Ende des Ölzeitalters erleben, jedoch den Beginn eines neuen Zeitalters, in dem Öl zwangsläufig überschüssig und demzufolge preiswert zur Verfügung steht.
Auslösendes Moment dieser Entwicklung ist die Erderwärmung, wobei es völlig egal ist, ob sie wissenschaftlich nachweisbar ist oder lediglich eine politische These. Sie hat den Status eines Fakts. Aus der Erderwärmung resultiert deren Bekämpfung mit menschlichen Möglichkeiten. Was primär heißt: Reduzierung der Treibhausgase.
Daraus wiederum ergibt sich, was wir bereits erleben: ein in der Regel staatlich subventionierter Einsatz regenerativer Energien. Der unter anderem zu Lasten des Öls geht.
Die OPEC versucht nun, ihr Angebot der strukturell reduzierten Nachfrage anzupassen, um gewohnte oder notwendige Gewinne einzufahren. Ein kaufmännisch an sich logisches Konzept. Dass es nicht greift, hat drei Ursachen.
Erstens: Das dauerdefizite Russland produziert Öl auf Teufel-komm-raus, und niemand traut Putins Zusage, sich an einer Förderbeschränkung zu beteiligen.
Zweitens: Die USA streben erneut – und unter Trump wohl mit Tempo – die hundertprozentige Eigenversorgung mit Öl an. Das funktioniert um so schneller, desto höher der Ölpreis steigt. Jedenfalls fällt die Industrienation Nr. 1 künftig als OPEC-Kunde weg.
Drittens: Die Anpassung der Ölförderung an den realen Ölbedarf bringt der OPEC letztlich auch nicht viel, so lange die Weltwirtschaft, insbesondere der fernöstliche Raum, auf Baisse geschaltet ist. Und das kann dauern.
Fazit: Öl bleibt billig. Auch für die Schifffahrt, deren Problem vergleichbar ist.